„Die einzige moralische Abtreibung ist meine Abtreibung“

Wenn diejenigen, die gegen Selbstbestimmung (Anti-Choice) sind, selbst bestimmen

von Joyce Arthur (2000)

Abtreibung ist eine sehr persönliche Entscheidung, von der viele Frauen glauben, sich darüber nie Gedanken machen zu müssen, bis sie sich plötzlich mit einer unerwarteten Schwangerschaft konfrontiert sehen. Doch kann dies jeder Frau passieren, auch denen, die strikt gegen Selbstbestimmung. Was bedeutet also „gegen Selbstbestimmung“, wenn sie ungewollt schwanger wird? In den meisten Fällen wir sie lächeln und es sozusagen tragen, aber häufig wählt sie jene Lösung, die sie andren Frauen versagen würde – die Abtreibung.

Im Frühjahr 2000 habe ich folgende Anekdoten direkt von Abtreibungsärzten und anderem Klinikpersonal in Nordamerika, Australien und Europa gesammelt. Die Geschichten sind in den eigenen Worten der Erzähler wiedergegeben, mit kleinen Änderungen an Grammatik, Klarheit und Kürze. Die Namen wurden zum Schutz der Privatsphäre weggelassen.

„Ich habe einige Abtreibungen an Frauen vorgenommen, die regelmäßig vor meinen Kliniken demonstriert haben, darunter ein sechzehnjähriges Schulmädchen, das einen Tag nach seiner Abtreibung wieder zu einer Demonstration erschien, das war vor etwa drei Jahren. Während ihres gesamten Aufenthalts in der Klinik hatten wir das Gefühl, dass sie nicht völlig in Ordnung war, aber es gab keine wirklichen Warnsignale. Sie bestand darauf, dass die Abtreibung ihre Idee war, und versicherte uns, dass alles in Ordnung sei. Der Eingriff verlief sehr reibungslos und sie wurde ohne Probleme entlassen. Ein ganz normaler Routineeingriff. Am nächsten Morgen stand sie mit ihrer Mutter und mehreren Schulkameraden mit den üblichen Demo-Postern und Gesängen vor der Klinik. Anscheinend bekam sie die Abtreibung, die sie brauchte, und zeigte dennoch die entsprechenden Ansichten, die von ihren Eltern, Lehrern und Gleichaltrigen von ihr erwartet wurden.“ (Arzt, Australien)

„Ich hatte im Laufe der Jahre mehrere Fälle, in denen so manche Anti-Abtreibungspatientin auf die eine oder andere Weise rationalisiert hatte, dass ihr Fall die einzige Ausnahme sei, aber derjenige Fall, der wirklich einen Eindruck hinterlassen hat, war die College-Absolventin, die Präsidentin ihrer Organisation für das Recht auf Leben (Right To Live, RTL) auf dem Campus war, was bedeutet, dass sie mehrere Jahre lang sehr hart in dieser Organisation gearbeitet hatte. Als ich ihren Eingriff abschloss, fragte ich sie, was sie mit ihrem hohen Amt in der RTL-Organisation zu tun gedenke. Ihre Antwort war mit großen Augen: “Sie werden es ihnen doch nicht sagen, oder? Als sie versichert war, dass ich es nicht tue, atmete sie erleichtert auf und erklärte, wie wichtig diese Position für sie sei und dass sie nicht wolle, dass dies die Situation beeinträchtigt.“ (Arzt, Texas)

„1990 blockierten im Raum Boston „Operation Rescue“ und andere Gruppen regelmäßig die Kliniken, und viele von uns gingen monatelang jeden Samstagmorgen hin, um Frauen und Mitarbeitern beim Einlass zu helfen. Infolgedessen kannten wir viele der „Antis“ von Angesicht zu Angesicht. Eines Morgens ging eine Frau, die eine regelmäßige „Gehsteig-Beraterin“ gewesen war, mit einer jungen Frau, die aussah, als sei sie 16 oder 17 Jahre alt – offenbar ihre Tochter – in die Klinik. Als die Mutter etwa eine Stunde später herauskam, musste ich zu ihr hinaufgehen und sie fragen, ob die Situation ihrer Tochter sie veranlasst hatte, ihre Meinung zu ändern. Ich erwarte nicht, dass Sie die Situation meiner Tochter verstehen”, antwortete sie verärgert. Am darauffolgenden Samstag war sie wieder da und flehte die Frauen, die die Klinik betraten, an, „ihre Babys nicht zu ermorden.““ (Klinik-Begleitung, Massachusetts)

„Auch wir haben unseren Anteil an Anti-Choice-Frauen gesehen, über die die Beraterinnen gewöhnlich die Zähne knirschen. Erst letzte Woche verkündete eine Frau laut genug, dass alle im Aufwachraum hören konnten, dass ihrer Meinung nach Abtreibung illegal sein sollte. Erstaunlicherweise war dies ihre zweite Abtreibung innerhalb der letzten Monate, nachdem sie innerhalb eines Monats nach der ersten Abtreibung wieder schwanger geworden war. Die Krankenschwester reagierte darauf so, dass sie über all das Gemetzel sprach, das vor der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs vor sich ging, und wie glücklich sie sich schätzen konnte, eine sichere, professionelle Betreuung zu erhalten. Diese junge Frau beharrte jedoch weiterhin darauf, dass dies falsch sei und als illegal betrachtet werden müsse. Schließlich sagte die Krankenschwester: „Nun, ich schätze, wir werden Sie hier nicht mehr sehen, nicht, dass Sie nicht willkommen wären.“ Später dankte ein anderer Patient, der diesen Austausch mit angehört hatte, der Krankenschwester für ihre Bemerkungen.“ (Klinikverwalter, Alberta)

„Wir sahen kürzlich eine Frau, die nach vier Versuchen und vielen Stunden der Beratung sowohl im Krankenhaus als auch in unserer Klinik endlich, ruhig und ereignislos, ihre Abtreibung vornehmen ließ. Vier Monate später rief sie mich am Heiligabend an, um mir zu sagen, dass sie nicht und niemals für eine Abtreibung war und dass wir nicht erkannt hatten, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Abtreibung klinisch depressiv war. Der Zweck ihres Anrufs war es, mich dafür zu bestrafen, dass ich sie nicht in die Psychiatrie statt in den Behandlungsraum geschickt hatte.“ (Klinikverwalter, Alberta)

„Kürzlich hatten wir eine Patientin, die eine Geschichte als “Pro-Life”-Aktivistin angegeben hatte, die sich jedoch für eine Abtreibung entschieden hatte. Sie war mir sympathisch, und unsere erste Diskussion war von gegenseitigem Respekt geprägt. Später sagte sie jemandem aus meinem Team, dass sie Abtreibung für Mord halte, dass sie eine Mörderin sei und dass sie ihr Baby ermorden würde. Bevor ich ihren Eingriff vornahm, fragte ich sie also, ob sie Abtreibung für Mord halte – die Antwort war ja. Ich fragte sie, ob sie glaube, dass ich ein Mörder sei, und ob sie glaube, dass ich ihr Baby ermorden würde, und sie bejahte ebenfalls. Aber Mord ist ein Verbrechen, und Mörder werden hingerichtet. Ist das ein Verbrechen? Nun, das sollte es sein, sagte sie. An diesem Punkt wurde sie wütend und feindselig, und das Resümee des Gesprächs war, dass sie mich als einen Abtreibungsapparat betrachtete. Wie konnte ich es wagen, sie zu fragen, was sie denkt. Nachdem ich ihr erklärt hatte, dass ich keine Abtreibungen für Menschen vornehme, die mich für einen Mörder halten, oder für Menschen, die wütend auf mich sind, lehnte ich es ab, sie medizinisch zu versorgen. Ich weiß nicht, ob sie einen anderen gefunden hat, der ihre Abtreibung vornimmt.“ (Arzt, Colorado)

„1973, nach Roe v. Wade, wurde die Abtreibung legal, musste aber in einem Krankenhaus durchgeführt werden. Das wurde natürlich später geändert. Für den ersten „Tag des legalen Schwangerschaftsabbruchs“ hatte ich fünf Eingriffe vorgesehen. Während ich mich zwischen den Fällen wusch, wurde ich vom Chef des OB/Gynäkologischen Dienstes angesprochen. Er fragte mich: „Wie viele Kinder werden Sie heute töten?“ Meine Antwort, aus Wut, war eine bekannte vulgäre Erwiderung. Etwa drei Monate später rief mich dieser wiedergeborene Christ an, um mir zu erklären, dass er gegen Abtreibung sei, aber seine Tochter sei erst in der Junior High School und zu jung, um ein Kind zu bekommen, und er habe auch Angst davor, dass sie, wenn sie ein Kind bekäme, es nicht zur Adoption freigeben wolle. Ich sagte ihm, er brauche mir die Situation nicht zu erklären. „Alles, was ich wissen muss“, sagte ich, „ist, dass SIE eine Abtreibung will“. Zwei Jahre später führte ich während ihrer College-Pause eine zweite Abtreibung an ihr durch. Sie dankte mir und flehte mich an: „Bitte sagen Sie es nicht meinem Vater, er ist immer noch gegen die Abtreibung.““ (Arzt, Bundesstaat Washington)

„Die Schwester eines niederländischen Bischofs in Limburg besuchte einmal die Abtreibungsklinik in Beek, wo ich in den siebziger Jahren gearbeitet habe. Nachdem sie den vollen Warteraum betreten hatte, fragte sie mich: „Mein lieber Herr, was machen all die jungen Mädchen hier?“ „Dasselbe wie Sie“, antwortete ich. „Dreckige kleine Mädchen“, sagte sie.“ (Arzt, Niederlande)

„Vor etwa zehn Jahren hatte ich eine Patientin, die von South Carolina nach New York City reiste, um abzutreiben. Ich fragte sie, warum sie so weit fuhr, um den Eingriff vornehmen zu lassen. Ihre Antwort war, dass sie Mitglied einer kirchlichen Gruppe war, die nicht an Abtreibung glaubte, und dass sie nicht wollte, dass jemand wusste, dass sie eine Abtreibung hatte. Sie plante, zu dieser Gruppe zurückzukehren, wenn sie nach South Carolina zurückkehrte.“ (Arzt, New York)

„Ich hatte einmal eine deutsche Klientin, die mir an der Tür sehr dankbar war und nach einer schwierigen Abtreibung in der 22. Schwangerschaftswoche abreiste. Mit einem strahlenden Lächeln fügte sie hinzu: „Und doch sind Sie ein Mörder.““ (Arzt, Niederlande)

„Meine erste Begegnung mit diesem Phänomen hatte ich, als ich eine zweiwöchige Nachuntersuchung in einer Klinik für Familienplanung durchführte. Die Anti-Choice-Werte der Frau sprachen indirekt durch ihren Ausdruck und ihre Körpersprache. Sie erzählte mir, dass sie von den anderen Frauen im Wartezimmer der Abtreibungsklinik beleidigt worden war, weil sie die Abtreibung als eine Form der Geburtenkontrolle benutzten, aber ihr Kondom war gerissen, so dass sie keine Wahl hatte! Es fiel mir wirklich schwer, nicht darauf hinzuweisen, dass sie eine Wahl hatte, und sie hatte sie getroffen! Genau wie die anderen Frauen im Wartezimmer.“ (Arzt, Ontario)

„Eine 21-jährige Frau und ihre Mutter fuhren drei Stunden, um zu ihrem Termin für eine Abtreibung zu kommen. Sie waren überrascht, dass die Klinik ein „netter“ Ort mit freundlichem, sympathischem Personal war. Während sie die Verhütungsmöglichkeiten besprachen, teilten sie mit, dass sie Pro-Life seien und mit der Abtreibung nicht einverstanden seien, dass die Patientin es sich aber nicht leisten könne, jetzt ein Kind großzuziehen. Außerdem bräuchte sie keine Verhütungsmittel, da sie aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen bis zu ihrer Heirat keinen Sex haben würde. Anstatt mit ihnen zu streiten, sah ich dies eher als Gelegenheit zum Dialog, und am Ende war meine Hoffnung, dass ich einen „heilenden Samen“ gesät hatte, um den Konflikt zwischen ihren Überzeugungen und ihren Realitäten zu lösen“. (Arzt, Bundesstaat Washington)

„Ich hatte erst gestern eine 37-jährige Frau, die 13 Wochen schwanger war. Sie sagte, dass sie und ihr Mann seit 2-3 Monaten über diese Schwangerschaft diskutiert hätten. Sie sprach sich entschieden gegen eine Abtreibung aus, „aber mein Mann zwingt mich, es zu tun“. Natürlich sagte ich ihr, dass niemand sie zu einem Schwangerschaftsabbruch zwingen könne und dass sie sich entscheiden müsse, ob die Schwangerschaft oder ihr Mann wichtiger sei. Ich sagte ihr, dass ich nur das Beste für sie wolle und dass ich die Abtreibung nicht vornehmen würde, wenn sie nicht der Meinung wäre, dass es in ihrem besten Interesse sei. Als sie vor der Frage stand, ihre eigene Entscheidung zu treffen, sagte sie: „Nun, ich habe den Termin vereinbart und bin hierhergekommen, also tun Sie es doch. Es ist das Beste.“ Schlussendlich, glaube ich, hat sie sich mit der Tatsache abgefunden, dass es doch ihre Entscheidung war.“ (Arzt, Nevada)

„Wir haben ständig Frauen, die gegen Abtreibungen sind. Viele von ihnen sind einfach nur naiv und unwissend, bis sie sich mit einer ungewollten Schwangerschaft konfrontiert sehen. Viele von ihnen sind nicht bösartig. Sie denken nur nicht richtig darüber nach, bis es sie betrifft. Sie können ihren Freunden, ihrer Familie und anderen Frauen gegenüber urteilend sein. Dann werden sie plötzlich schwanger. Auf einmal sehen sie die Wahrheit. Dass es nur ihre eigene Entscheidung sein sollte. Leider denken viele auch, dass sie irgendwie anders sind als alle anderen und dass sie es verdienen, abzutreiben, während es sonst niemand tut”. (Arzt, Bundesstaat Washington)

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Obwohl es nur wenige Studien über dieses Phänomen gibt, ergab eine 1981 durchgeführte Studie (1), dass 24% der Frauen, die abgetrieben hatten, das Verfahren für moralisch falsch hielten, und 7% der Frauen, die abgetrieben hatten, widersprachen der Aussage: „Jede Frau, die eine Abtreibung wünscht, sollte die Möglichkeit haben, diese legal zu erhalten“. Eine 1994/95 unter fast 10.000 Abtreibungspatienten durchgeführte Umfrage (2,3) ergab, dass 18% der Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch hatten, wiedergeborene oder evangelikale Christinnen sind. Viele dieser Frauen sind wahrscheinlich Anti-Choice-Frauen. Die Umfrage zeigte auch, dass katholische Frauen eine um 29% höhere Abtreibungsrate haben als protestantische Frauen. In einem Handbuch über Abtreibung im Rahmen der geplanten Elternschaft wird festgestellt, dass fast die Hälfte aller Abtreibungen von Frauen vorgenommen wird, die sich selbst als wiedergeborene Christinnen, evangelikale Christinnen oder Katholikinnen bezeichnen. (4)

In einem Artikel aus dem Jahr 1987, „Die härtesten Fälle von Abtreibungskliniken“, (5) heißt es: „Ärzte und Kliniken brechen häufig Schwangerschaften von Frauen ab, die glauben, dass Abtreibung „Mord“ und „Sünde“ ist, die aber keine    Abtreibungsgegnerinnen sind. Demonstranten, Organisatoren und führende Persönlichkeiten der [Anti-Abtreibungs-] Bewegung sind seltener anzutreffen, vielleicht ein- oder zweimal im Monat bis zu ein paar Mal im Laufe einer beruflichen Laufbahn. Der Artikel enthielt die folgenden Anekdoten:

Ein Verwalter einer Klinik in Missouri erinnerte sich an eine Frau, die im Aufwachraum herausplatzte: „Das sollte illegal sein“. Die anderen anwesenden Frauen waren sprachlos“, sagte der Verwalter. “Sie konnten es nicht glauben.“

Der medizinische Direktor einer Klinik in Indianapolis erinnerte sich an eine potenzielle Patientin, die anrief und fragte, ob die Klinik eine Hintertür habe. Er sagte nein. Wie, so fragte sie, könne sie hineinkommen, ohne von den Kollegen draußen gesehen zu werden? Der Arzt wies darauf hin, dass zwei Orthopäden mit ihm zusammen praktizierten, und sagte der Frau, sie könne „hinken und sagen, sie käme, um die Orthopäden zu sehen“.

Der medizinische Direktor einer Abtreibungsklinik in Dallas erzählte diese Geschichte: Eine weiße Frau aus einem wohlhabenden Stadtteil im Norden von Dallas brachte ihr schwarzes Dienstmädchen zur Abtreibung und bezahlte dafür. Während das Hausmädchen in einem Beratungsgespräch war, hörte man im Wartezimmer draußen einen Tumult. Der Arbeitgeber des Dienstmädchens verteilte Flugblätter gegen Abtreibung an andere Frauen, die auf eine Abtreibung warteten.

Von einem Klinikdirektor in einem mittelwestlichen Bundesstaat: „Einer der bemerkenswertesten Fälle war eine Frau, die [aus einem anderen Teil des Staates] kam und sagte, sie sei die „Right-to-Life“-Präsidentin in ihrem Bezirk. „Aber“, so sagte sie, „sie war schwanger geworden und musste abtreiben“.

Von einem Berater in Virginia: „[Die Patientin] war beunruhigt und aufgebracht und bestand darauf, dass sie die Schwangerschaft nicht austragen könne. Sie lehnte die Abtreibung ab – und hatte sich sogar genau diese Klinik ausgesucht – [hatte aber] das Gefühl, dass die Abtreibung etwas war, was sie tun musste.“

Viele Anti-Choice-Frauen sind überzeugt, dass ihr Bedürfnis nach Abtreibung einzigartig ist – nicht wie diese „anderen“ Frauen – obwohl sie aus den gleichen Gründen abtreiben. Anti-Choice-Frauen erwarten vom Klinikpersonal oft eine Sonderbehandlung. Einige verlangen einen sofortigen Schwangerschaftsabbruch, weil sie wichtige Vorbereitungen wie eine Anamnese oder das Warten auf Bluttestergebnisse überspringen wollen. Häufig verweigern Frauen, die gegen einen Schwangerschaftsabbruch sind, eine Beratung. Einige Frauen bestehen darauf, sich durch die Hintertür einzuschleichen und sich in einem Zimmer fern von anderen Patienten zu verstecken. Andere weigern sich, mit Frauen, die sie „Schlampen“ und „Abschaum“ nennen, im Wartezimmer zu sitzen. Oder wenn sie es tun, werden sie wütend, wenn andere Patienten im Wartezimmer reden oder lachen, weil es ihnen beweist, dass Frauen aus „Bequemlichkeit“ beiläufig abtreiben.

Einige wenige verhalten sich sehr feindselig und bezeichnen z.B. Klinikpersonal als „Mörder“. Vor Jahren erzählte mir eine Klinikberaterin in Britisch-Kolumbien, dass eine ihrer Patientinnen mit ihrer Entscheidung, abzutreiben, scheinbar in den Behandlungsraum kam. Während der Abtreibung, zu einem Zeitpunkt, als es zu spät war, den Eingriff abzubrechen, fing die Frau an, mit „Ihr Mörder!“ und anderen Beschimpfungen jeden im Raum anzuschreien.

Einige Ärzte weigern sich tatsächlich aus Haftungsgründen, Abtreibungen an Frauen vorzunehmen, die sich gegen eine Abtreibung entschieden haben. Mit den Worten eines Arztes aus Kansas:

„Zu Beginn meiner Karriere dachte ich, ich sei verpflichtet, für jede Frau, die an meiner Türschwelle ankam und um eine Abtreibung bat, eine Abtreibung vorzunehmen. Meine Erfahrung in Allgemeinmedizin, Chirurgie und Abtreibung hat mich zu einem anderen Glauben geführt. Es ist kein Zufall, dass Frauen entweder bei mir oder bei meinen Mitarbeitern ein unbehagliches Gefühl der Ambivalenz oder der Angst vor dem Schwangerschaftsabbruch auslösen. Da ich noch nie wegen einer Abtreibung, die ich nicht vorgenommen habe, verklagt wurde, ist es meine Politik, auf mein Bauchgefühl zu hören, das öfter richtig als falsch liegt.“

Ein klinischer Berater aus Georgia erklärte:

„Ich bin seit langem der Meinung, dass Abtreibungsgegnerschaft eine psychologische Kontraindikation für das Abtreibungsverfahren ist. Und dass wir nicht jedem, der darum bittet, eine Abtreibung vornehmen lassen müssen. Eine Frau, die gegen einen Schwangerschaftsabbruch ist, ist wahrscheinlich unkooperativ und wird wahrscheinlich keine postoperativen Anweisungen oder Anweisungen zum Umgang mit Komplikationen befolgen. Es gibt tatsächlich einen Fall, in dem eine abtreibungsgegnerische Patientin wegen einer Komplikation, die in keinem Zusammenhang mit dem Schwangerschaftsabbruch steht, nicht wie vorgeschrieben in die Notaufnahme gegangen ist. Sie starb schließlich, und ihre Familie verklagte den Arzt und bedrängte ihn öffentlich. Und wenn es eines Tages Schwierigkeiten gibt, dann mit der Abtreibungsgegnerin. Ich spreche nicht von der Patientin, die sagt: „Ich war gegen Abtreibung, bis mir das passiert ist“, oder „Ich bin wirklich gegen Abtreibung, aber ich muss das tun“. Ich spreche von den Demonstrantinnen, den Aktivistinnen, den kompletten Gegnerinnen, die zurückkommen wird, um uns heimzusuchen.“

Manchmal ist das Klinikpersonal verständlicherweise frustriert und wütend, wenn es mit beleidigenden, feindseligen oder heuchlerischen Patientinnen zu tun hat. Und es kommt selten vor, dass Anti-Choice-Frauen ihre Wertschätzung für den Service, den sie erhalten haben, zum Ausdruck bringen. Aber die meisten Kliniken führen Abtreibungen bei Abtreibungsgegnerinnen durch, weil sie es für ihre Pflicht halten, allen Frauen zu helfen. Sie bieten diesen Frauen eine gründlichere und spezialisierte Beratung an, um sicherzustellen, dass sie sich ihre Entscheidung so weit wie möglich zu eigen machen. Hier sind ein paar Beispiele für Beratungstechniken:

„Wenn eine Patientin mit meinem „Lieblingsgefühl“ hereinkommt, nämlich: „Die einzige moralische Abtreibung ist meine Abtreibung“, versuche ich ihr Verständnis dafür zu erweitern, dass ein paar mehr von uns eine „moralische“ Abtreibung hatten und verdienen. Wenn eine Frau ihren Pflegebedarf über sich selbst hinaus ausdehnt, ist sie keine Abtreibungsgegnerin mehr. (Klinikverwalterin, Louisiana)

„Manchmal sage ich zu Patienten, die diese „Ich habe keine Wahl, ich weiß, dass ich es bereuen werde, tun Sie es mir einfach“-Haltung haben: „Es mag Sie vielleicht nicht interessieren, aber uns interessiert es. Wir führen Abtreibungen nur bei Frauen durch, die unsere Dienste in Anspruch nehmen wollen. Wir werden nicht wissentlich zu einem möglichen Trauma einer Frau beitragen. Sie scheinen überrascht zu sein, dass es uns wichtig ist, wie wir unsere Arbeit tun, aber sie akzeptieren es auch.“ (Beraterin, New York)

Einige Anti-Choice-Frauen, die Abtreibungen vornehmen lassen, finden sich mit ihrer Entscheidung ab und werden sogar zu Pro-Choice-Frauen oder zumindest versöhnlich gegenüber anderen Frauen, die Abtreibungen vornehmen lassen wollen. Eine Patientin aus Louisiana, die vor ihrer Abtreibung gegen die Wahlfreiheit war, schrieb einen herzlichen und dankbaren Dankesbrief an die Klinik und gab zu, dass sie eine Heuchlerin gewesen sei:

„In meinen wildesten Albträumen hätte ich mir nie träumen lassen, dass es jemals eine Situation geben würde, in der ich mich persönlich für einen solchen Akt entscheiden würde. Natürlich würde jeder von uns gerne denken, dass unsere Gründe für einen Abbruch die Ausnahme von der Regel seien. Aber unter dem Strich ist es doch so, dass Sie Ihr Leben, Ihren Ruf, Ihre Karriere und Ihre Energie dafür aufwenden, für eine Option zu kämpfen, die ich brauchte; sie aufrechtzuerhalten und bereitzustellen, während ich meine Energie darauf verwendet habe, Sie schärfstens zu kritisieren. Trotzdem haben Sie mir erlaubt, Ihre Dienste in Anspruch zu nehmen, obwohl ich einer Ihrer Feinde gewesen bin. Sie behandelten uns so freundlich und warmherzig wie alle Ihre Patienten und zeigten nicht ein einziges Mal mit dem Finger auf uns. Ich hatte den Eindruck, dass Sie sich um jede Frau in der Einrichtung und um das, was jede Frau durchmachte, gleichermaßen kümmerten, unabhängig von den Gründen für die Wahl des Verfahrens. Ich habe noch nie eine Gruppe von rein nicht verurteilenden Menschen wie Sie getroffen.

Gelegentlich erweist sich eine Abtreibung als eine bedeutsame, lebensbejahende Erfahrung für eine Frau, die Abtreibungsgegnerin ist. Ein Arzt aus einem nordwestlichen Bundesstaat teilte mir die folgende persönliche Geschichte mit:

“Ich wurde in eine streng katholische Familie geboren und war während des Studiums politisch aktiv. Nachdem ich drei Jahre lang mit meinem ersten richtigen Freund zusammen war, trennten wir uns, und an dem Tag, an dem mein Freund auszog, stellte ich fest, dass ich schwanger war. Es war eine quälende Entscheidung, von der ich nie gedacht hätte, dass ich sie treffen würde, aber ich beschloss, dass eine Abtreibung die einzige realistische Option war. Dank der Beratung durch Planned Parenthood konnte ich einige sehr schwierige Konflikte in mir selbst verarbeiten. Ich musste lernen, dass meine Entscheidung eine liebevolle Entscheidung war. Dass „mein Gott“ eigentlich ein liebender und unterstützender Gott war. Und dass Männer diese Entscheidung nicht treffen müssen, sondern nur Frauen. Dass es eine sehr persönliche, individuelle Entscheidung ist. Das musste ich mir eingestehen. Durch meine Erfahrung wurde ich mir selbst und anderen gegenüber viel mitfühlender. Zwei Jahre später begann ich das Medizinstudium. Als es an der Zeit war, eine Praxis zu wählen, ergab sich die Möglichkeit einer Abtreibungsklinik. Als ich dort arbeitete, begann ich zu spüren, dass dies meine Berufung war. Da ich in den Schuhen meiner Patienten steckte und aus einem unversöhnlichen Umfeld kam, konnte ich den Patienten ehrlich sagen: „Ich weiß, wie Sie sich fühlen. Die Entscheidung für eine Abtreibung war DIE schwerste Entscheidung, die ich je in meinem Leben getroffen habe. Und doch hat sie mir die größte Veränderung, Erfüllung und jetzt Freude gebracht. Ich bin deshalb ein liebevollerer Mensch und eine bessere Ärztin, weil ich dies erlebt habe. Ich liebe die Arbeit, die ich tue, und die Möglichkeit, Frauen zu unterstützen, die eine ungewollte Schwangerschaft beenden wollen. Meine Patientinnen und meine Arbeit sind Geschenke des Lebens für mich, und ich denke, mein Mitgefühl und meine Unterstützung sind meine Gegenleistung.“

  1. Henshaw, S.K. and G. Martire. 1982. Abortion and the Public Opinion Polls: 1. Morality and Legality. Family Planning Perspectives. 14:2, pp 53-60, March/April.
  2. The Alan Guttmacher Institute. 1996. Abortion Common Among All Women, Even Those Thought to Oppose Abortion.
  3. Henshaw, S.K. and K. Kost. 1996. Abortion Patients in 1994-1995: Characteristics and Contraceptive Use. Family Planning Perspectives. 28:4, July/August.
  4. Planned Parenthood of America. Pro-Choice Debate Handbook.
  5. Medical World News. 1987. Abortion Clinic’s Toughest Cases. pp 55-61. March 9.
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